Vom Leben als Potterhead



Angelehnt an den Tod von Alan Rickman vor gut zwei Wochen haben ich etwas über mein Leben als Potter-Fan nach gedacht. Ich habe die Sache mit dem Lesen ja bereits angeschnitten, allerdings nicht einmal im entferntesten erklärt. Harry Potter bedeutete für mich weitaus mehr als bloß ein Buch von vielen in meinem Regal. 

1997 kam der erste Teil der siebenteiligen Buchreihe heraus. Damals war ich allerdings von weit vom lesen entfernt. In diesem Jahr wurde ich eingeschult. Niemand kannte die Bücher wirklich und es dauerte lange bis wir darauf aufmerksam wurden. Es dauerte etwa 3 Jahre bis mein Bruder eines der Bücher geschenkt bekam. Während er in die Fußstapfen meiner Eltern trat und ebenso süchtig nach Büchern war wie sie, hasste ich lesen. Ich konnte es wirklich nicht leiden! Wann immer ich konnte vergaß ich die Lesehausaufgabe und las so gut wie nie. Natürlich hatte es Konsequenzen. Und wenn ich jetzt darüber nachdenke, ist es noch immer unangenehm und tut auf gewissen Weise weh. Denn wenn man fast doppelt so lange braucht um eine Aufgabe zu lesen und dazu die Frage fehlerhaft beantwortet können einfach nie gute Noten dabei heraus kommen.
Es kam wie es kommen musste. Ich musste in der dritten Klasse einige Tests machen. Unabhängig von dem Ergebnis wurde ich schlichtweg als dumm abgestempelt. Ich kann mich weder an das Testergebnis, noch an die Aussage meiner Lehrerin erinnern, allerdings sind mir die Worte meiner Mutter sehr wohl bekannt. Während der Test nämlich positiv ausfiel und ich einfach nur ein Probleme mit Lesen und Schreiben hatte, behauptete meine Lehrerin einfach etwas anderes.

Erst zwei Jahre später wurde der Test bei einer anderen Lehrerin wiederholt und diesmal wurde meinen Eltern das richtige Ergebnis mitgeteilt. Ich besuchte darauf hin eine Art Therapie, was ich allerdings eher als Nachhilfe angesehen hatte, und ich machte langsam aber stetig Fortschritte. In diesem Zeitraum kam der erste Teil von Harry Potter in die Kinos. Ich weiß noch, wie mein Bruder und ich auf dem Wohnzimmerteppich saßen und ein Bild von Hagrid in einer Fernsehzeitschrift entdeckten. Mein Bruder, der bereits den ersten und zweiten Teil kannte, war ganz aufgeregt und redete davon, dass er sich Hagrid genauso vorgestellt hatte, nur mit roten Haaren. Und auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt selber noch keine Bücher las, war schon damals meine Phantasie äußerst ausgeprägt und ich stellte mir eben diesen Hagrid mit knallorangen Haaren vor. Noch heute kann ich mich lebhaft an dieses Bild erinnern. 


Als es nun endlich so weit war und meiner Bruder ins Kino gehen durfte (ich nicht, ich war noch zu jung) kaufte er kurz drauf das Hörspiel auf Kassette. Warum weiß ich nicht. Aber das war der Moment als ich zum ersten Mal wirklich mit der Geschichte in Berührung kam. Bis heute kann ich ganze Sätze und Dialoge auswendig! So kam alles ins Rollen. Ich sah den zweiten Teil im Kino, bei einer Geburtstagsfeier. Aber ich habe weder den ersten, noch den zweiten Teil jemals gelesen. Denn lesen war nach wie vor uninteressant. Zudem ist der zweite Teil der Teil, den ich am wenigsten mag. Vielleicht hängt das mit der Tatsache zusammen, dass ich damals im Kino in einen Kaugummi gestiegen bin - von dem ich sicher bin, dass er aus dem Mund der Oma des Geburtstagskinds stammt ‑ vielleicht aber auch an etwas anderen. 


Ein Mal im Jahr, zu Weihnachten, bekamen wir ein weiteres Hörspiel der Reihe geschenkt. Und da ich nun Teil eins und zwei kannte wollte ich natürlich wissen wie es weiter ging. Leider musste ich noch auf den dritten Teil als Hörbuch warten und so begann ich, anfangs eher wiederwillig, zu lesen. Und ich las! Diesen Teil, den vierten Teil und alle darauf folgenden. Die Geschichte von dem etwas zu stolzen Jungen ist mir mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen. Die Buchfiguren und auch die Schauspieler gehören für mich zu den prägendsten Menschen in meinem Leben. Und auch wenn ich nie im Leben auch nur einen von ihnen wirklich treffen werden bin ich ihnen allen zu Dank verpflichtet. Ich habe keine Obsession mit Harry Potter, es hat mich schlichtweg zu dem gemacht was ich heute bin. 
Wenn heute jemand fragt, wer ihn mit schriftlichen Satzformulieren helfen soll, ist mein Name der erste der fällt. Wenn Freunde, die mich schon seit meiner Kindheit kennen diesen Blog lesen, sind sie überrascht wie schön ich schreibe. Wenn ich einmal traurig bin, weiß ich Harry Potter und die Stimme von Rufus Beck macht mich wieder glücklich.
Und als ich von Alan Rickman gehört habe war ich sehr traurig. Als dann auch noch alle möglichen Tauerbekundungen von wildfremden Menschen auf Instagram und Twitter zu lesen waren, habe ich schließlich geweint. Ich bin nicht die einzige dessen Leben durch Harry Potter (sowohl die Bücher als auch die Filme) geprägt wurde. Und ich hoffe, das wird auch noch viele Jahre so bleiben. 


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Von Erste Hilfe am Hund

Vom Unterricht bei "Tante Yvi's Alltagstraining"

Vom Leben als stiller Mensch, in einer lauten Welt